Die „strata coloniensis“ in Hochdahl - auf den Spuren einer alten Straße

Die „strata coloniensis“ war im Mittelalter ein bedeutender Fernhandelsweg des
Niederbergischen Hügellandes. Er verband die reichsfreie Abtei Werden mit der
Handelsmetropole Köln.
Geographische Lage und historische Zeugnisse weisen auf ein hohes Alter hin. Die Heerund Handelsstraße führte auch durch Hochdahl. Davon sind heute noch einige Teilstücke
erhalten.
Die Wanderung beginnt im Süden. Just an der Stelle, wo der Hühnerbach und der Mahnerter
Bach zusammenfließen und den Eselsbach bilden, setzen wir unseren Fuß auf die „strata
coloniensis“. Das ist ziemlich exakt auf der Höhe des Landgasthauses Kemperdick. Früher
löschten hier die Fuhrleute ihren Durst, wenn sie die mit Eseln bespannten und mit Sand
beladenen Wagen zu einer Rast abstellten. Vergeblich halten wir Ausschau nach dem
Grabstein vom Jäger aus Kurpfalz, der jahrzehntelang die Gäste im Garten bestaunen
konnten, bis es spurlos verschwand.
Bis Trills nimmt die „strata coloniensis“ ihren ursprünglichen Verlauf. Wer die Strecke von
einem Kilometer an Stocks und Klockes Busch vorbei in umgekehrter Richtung zu Fuß
zurücklegte, spare in den Anfängen der D-Mark-Zeit fünf Pfennig, um am Kemperdick in den
Bus nach Hilden einzusteigen.

Der ehemalige Bauernhof Böllenschmied (auch Bülleschmit, Böllenschmitt) hat mit
Sicherheit eine wichtige Rolle an der historischen Straße eingenommen, als Schmiede oder
Pferdewechselstation, zur landwirtschaftlichen Nutzung oder jüngst als Wohnplatz.
Vor dem heutigen Trills muss die Straße, weiter nach Norden verlaufend, eine Abzweigung
nach Millrath genommen haben. Dazu schreibt der Heimatforscher Klockenhoff: „In
Hochdahl-Millrath ist eine Abzweigung von der Strata als Alte Kölner Straße bekannt. Ihre
Gabelung muss zwischen Trillser und Böllenschmiedts Hof, etwa in Höhe der Sedentaler
Straße, gelegen haben. Hier besaß noch im 17. Jahrhundert der Hof Karschhausen nach
Aufzeichnungen im Schatzbuch von 1672 drei Morgen Land, hinter Trillses gelegen, die
Heerstrat genannt und durch Überreisen und Umfahrung des Weges verdorben. Die
Decksand- und Lößböden des Hofs waren in einem Quellhorizont sumpfig. Das veranlasste
die Fahrleute, die Heerstraße bei schlechtem Wetter zu umfahren. Die Abzweigung führte an
Karschhausen vorbei zur Kreuzung mit der Gräfrather Straße bei Stahlenhaus.“
Von Trills aus verlief die Straße den steilen Berg hinauf auf die Hochdahler Höhe, über
Thekhaus ins Neandertal, von da aus weiter nach Mettmann.

 Im Schnittpunkt der Straßenführungen in der Ebene lag das „Gut Tryls“. Erstmals 1498
nachgewiesen und später (1609) in einem Protokoll eines Verwalters des Hauses Unterbach
mit „Trillßguth“ erwähnt, erinnert ein großes Fachwerkhaus an vergangene Zeiten. AltEingesessene erlauben sich untereinander gelegentlich den Spaß, zwischen Trills und KleinTrills (der Umgebung des alten Guts) zu unterscheiden.
Während Schule und Kirche erst im 19. Jahrhundert in Erscheinung treten, gab es den
Schlickshof, der dem Gut Clef vorgelagert ist, schon lange davor als kleine Hofanlage. An
diesen Gütern lief die „strata“ östlich vorbei. Beeindruckend ist die Scheune aus dem 19.
Jahrhundert mit älteren Resten. Die Familien Kemperdick und Güldenberg haben hier in
mehreren Generationen gelebt und nicht unerheblichen Einfluss in der Gemeinde ausgeübt.
So gründete Johann Kemperdick mit seinen Söhnen um 1867 die Hochdahler Ziegelei „auf
dem Köll’schen Feld“.

Schräg gegenüber der katholischen Kirche (1876 eingeweiht) stand das putzige Schlickumer
Häuschen 2. Die Gärtnersleute Schmitter/Hövels hatten immer Wasser in einem Bassin weil
sie so schlau waren, das kostbare Nass mittels einer besonderen Vorrichtung (Klopp-Hannes)
vom unteren Teil des Grundstücks an den oberen Punkt zu befördern, also den Berg hinauf!
Das Quellwasser speist immer noch den Trillser Graben.
Die „strata“ verlief östlich am Schlickshof und Gut Clef vorbei. Gut Schlickum, das schon
im neunten Jahrhundert urkundlich erwähnt wird, lag vermutlich etwas abseits.
Nun ist die Höhe von Hochdahl erreicht – mit einem einzigartigen Blick in die rheinische
Tiefebene, bis zum Kölner Dom, manchmal sogar bis zum Siebengebirge.
Wie ging es nun aber auf der Höher weiter? Sicherlich führte die Handelsstraße am Thekhaus
vorbei hinunter ins Neandertal. Und auch hier wird sich oberhalb der Weg noch einmal
verzweigt haben, zumal immer wieder, bedingt durch Witterungseinflüsse und Abnutzungen,
Umgehungen unumgänglich waren. Es bedarf keiner besonderen Phantasie sich auszumalen,
dass Fuhrleute samt Vieh es sehr schwer gehabt haben müssen, diese steile Passage zu
überwinden. Etwa 800 Meter von hier lag der Hochdahler Hof.

Zurück nach Trills. Eine Jagdkarte aus dem Jahre 1715 zeigt eine Streckenführung, die in der
Örtlichkeit noch sehr gut zu erkennen, überwiegend sogar unverändert geblieben ist.
Ausgangspunkt ist Gut Karschhausen oberhalb des Gutes Beckeshaus oder Beckes. So oder
so: Die „strata coloniensis“ muss in Reichweite der beiden Höfe verlaufen sein. Am
Kattendahler Busch, oberhalb des Spielplatzes, ist noch ein Stück der „strata“ in der
Örtlichkeit erhalten geblieben. Wenn wir genau hinschauen, können wir den Abdruck eines
Hohlwegs erkennen.
Etwas weiter in Richtung Millrath stand die Schmiede Gerdesmann. Dieses historische
Zeugnis fiel 1975 der Stadtwerdung zum Opfer. Etwa 300 Jahre lang hat die Huf- und
Wagenschmiede Kattendahl der Landwirtschaft im näheren Umkreis gedient. Die große
Scheune und der Schuppen wurden im Mai 1979 durch Brandstiftung zerstört.
Es würde nicht überraschen, wenn bei dem geplanten Ausbau der alten Kattendahler Straße
unterhalb der Gaststätte „Zum neuen End“ historische Gegenstände zu Tage treten.
Wenn die alte Schule an der Dorfstraße passiert ist, gelangt man zum Stahlenhaus. Dieses
Anwesen liegt auch am mittelalterlichen Handelsweg zwischen Gräfrath und Gerresheim
(„Prozessionsweg“) und insoweit am Schnittpunkt zweiter alter Wegeverbindungen. Das
Anwesen hat nicht so ein hohes Alter wie die Nachbarhöfe, dennoch eine bedeutende
strategische Rolle gespielt.

 Im 18. und 19. Jahrhundert hat das Gut seine günstige Verkehrslage ausgenutzt und ein Gasthaus mit Übernachtungsmöglichkeiten eingerichtet. Alle sieben Jahre erlebte es die Prozession von Trier über Köln, Gräfrath und zurück nach Düsseldorf. Lange Jahre fand hier ein Jahrmarkt statt. Um 1838 wurde auf Gut Stahlenhaus eine Kornbrennerei errichtet, in der der gute „Stahlenhäuser“ Branntwein hergestellt wurde. Schließlich führt der Weg hinunter nach Gut Thunis mit der vorgelagerten Thunisbrücke. In der Denkmalbeschreibung des Landschaftsverbandes Rheinland wird unter anderem ausgeführt: „Von der Stadtgrenze zu Mettmann, an einer ehemaligen Furt der Düssel, verläuft die heute asphaltierte Straße zunächst nach Südwesen auf die Winkelsmühle zu, zieht dann im Wald den Hang hinauf und erreicht über eine Serpentine wiederum die Zuwegung zur genannten Mühle. Über eine weitere Serpentine wird dann die südlich gelegene Hochfläche erreicht. Teilweise hat sich die Straßentrasse als Hohlweg in den Hang eingetieft.“ Und dieser Hohlweg ist heute noch gut zu erkennen, genau so wie auf der anderen Düsselseite in Höhe des Gutes Thunis. Die Wegetrasse von der Thunisbrücke in Richtung Winkelsmühle (Teil des Winkelsmühler Wegs) mit der Abzweigung hinauf auf die Höhe ist als Bodendenkmal „strata coloniensis“ in der Denkmalliste der Stadt Erkrath eingetragen.

Herbert Bander, Version 02/2009