Die Bayer Villa

das Landhaus des Kommerzienrates und seine Ländereien.

Etwas abseits von den Wohnbaugebieten in Hochdahl steht inmitten einer grünen Oase die
Bayer-Villa. Als der Kommerzienrat Artur Meckel aus Wuppertal dieses prachtvolle Gebäude
1899 erbauen ließ, bewies er einen ausgefeilten Geschmack. Denn von hier aus hatte er
damals noch einen unverstellbaren Blick in die rheinische Tiefebene, wo in Leverkusen der
Chemiekonzern Bayer seinen Sitz hatte und just im gleichen Jahr das weltbekannte,
schmerzlindernde Mittel „Aspirin“ auf den Markt kam (das Bayerkreuz wurde erst 1933 als
weit sichtbares Symbol errichtet). Sicherlich auch ein Grund für den Besitzerwechsel einige
Jahre später. Denn das „Haus Falkenberg“ erwarb dann 1910 der Geheime Kommerzienrat
Friedrich Bayer, Sohn des Mitbegründers der Bayer-Werke.

Die Villa diente der Familie als Sommerhaus. Alljährlich zog man am 1. Mai mit Sack und
Pack von Elberfeld (später von Leverkusen) hier hin; mit Beginn des Herbstes kehrte die
Familie dann in ihr Stadthaus zurück.
Noch zu Lebzeiten von Dr. Richard Bayer ging der gesamte Besitz Anfang der 1960er Jahre
an die Entwicklungsgesellschaft Hochdahl über. Rund 100 ha umfassten zuletzt die bis an den
Hildener Stadtwald heranreichenden Forst- und Ackerflächen.
In Erinnerung gerufen sollen hier aus heimatgeschichtlicher Sicht markante Namen und
Flecken, die mit den umfangreichen Ländereien untrennbar verbunden sind.
Da ist zunächst das Ferienhaus oberhalb der Schlickumer Kapelle, das von der Familie Bayer
errichtet wurde, um vornehmlich das jüngere Völkchen, wie Nichten, Neffen, Enkeln und
Patenkindern bei Bedarf unterzubringen. Nach dem Krieg wohnten dort vorübergehend
ausgebombte Verwandte.

Im Kutscherhaus wohnten ursprünglich der Kutscher, ein Knecht und später der Chauffeur.
Der Kommerzienrat ist von dort täglich zweispännig zum Bahnhof Hochdahl kutschiert
worden, wo er die Zeitung in Empfang nahm und per Bahn nach Elberfeld „in die Firma“
fuhr. In der Südecke des Gebäudes hatte man einen Wasserturm zur Versorgung der Villa
eingebaut. Der jeweilige Wasserstand konnte von außen an einer Skala abgelesen werden.
Zum Auffüllen fuhr der Kutscher ins Sedental zum Pumpenhäuschen. Wenn der Turm voll
Wasser war, wurde das mit einem Hornsignal (!) angezeigt. Leider ist das 1913 erbaute
Pumpenhaus völlig grundlos den Baggern zum Opfer gefallen.
Im „Duwenköpken“ (Taubenkopf), das nordwestlich der Villa in einer Mulde liegt und immer
noch bewohnt ist, wohnte die Haushälterin der Familie Bayer, Frau Bleikart, bevor sie ins
herrschaftliche Haus umzog.

Der unterhalb der Villa liegende Gartenpavillon war eigentlich ein Teehaus, in dem auch
ein Sohn der Familie Bayer getauft wurde („Taufkapelle“). Eine auf dem Dach angebrachte
Wetterfahne mit der Jahreszahl 1618 ist nach der letzten Renovierung im Jahre 1988 durch
ein Spezialisten-Team aus Polen spurlos verschwunden. Leider ist der Pavillon von dem
Verfall bedroht. Da es sich um ein Baudenkmal handelt, ist hier die Stadt als Eigentümerin in
der Pflicht.
Die Gärtnerei, das Haus Grunewald, weitaus älter als die Villa, die südlich unterhalb am Weg
lag, war der ganze Stolz des Kommerzienrates. „Für die Küche brauchen wir nur Tee und
Kaffee, Zucker, Salz und Pfeffer einzukaufen, alles anders haben wir selbst“, soll er gesagt
haben. Tatsächlich hat denn auch seine Frau „den Rest“ in den Trillser Läden eingekauft.
Vielen noch bekannt sind der Jagdaufseher Jakob und seine beliebte Frau, die hier viele Jahre
die Zügel in der Hand hielten.

Eine Wirtschafskarte des Forstes Falkenberg nach dem Stand vom 01.10.1956 weist Dr.
Richard Bayer als Eigentümer von Gut Karschhausen aus (ab 1922 von Franz Schnöde, ab
1949 vom Schwiegersohn Friedrich Gay bewirtschaftet) und Grundbesitz mit so klangvollen
Namen wie die Fritzelsburg, Kocksheide, im Schimmelskämpchen, Sedental (oberhalb der
Sedenquelle), die Wahnenmühle und Gansheide.
Während Dr. Richard Bayer ein äußerst sparsamer Mann war, ist sein Vater Friedrich als
„Meistbegüterter“ als Förderer in Erscheinung getreten, der durch private Zuwendungen
wohltätige Zwecke in der Gemeinde gefördert hat. Er war Mitglied des Gemeinderates, ohne
daraus persönliche Vorteile ziehen zu wollen.

Nach dem Einzug der Amerikaner in Trills am 16.04.1945 wurde die Villa durch die alliierte
Besatzungsmacht beschlagnahmt und für mehrere Wochen in Besitz genommen. Unter den
Soldaten waren viele Farbige, die natürlich besonders auffielen. Jahrzehnte später waren dann
zeitweise auch Asylbewerber untergebracht.
In den harten Winterjahren der Nachkriegszeit traf sich die Trillser Jugend zum
Schlittschuhlaufen auf „Bayers Teichen“. Zum Eishockey-Spiel kamen Schläger aus im
Busch vorgefundenem Weidenholz zum Einsatz und die Kufen mußten am Schuhwerk mittels
eines sog. „Örgelchen“ festgeschraubt werden.

Der herrliche, mit Buchen bewachsene Park war ursprünglich eingezäunt und als Privatbesitz
der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Die Kinder fanden dennoch überall Schlupflöcher, um in
die Geheimnisse des Waldes mit dem prächtigem Ilexgebüsch einzudringen und auch von den
in den Hang angelegten Luftschutzstollen Besitz zu nehmen. Bis auf einen Unglücksfall ist
dabei keiner zu Schaden gekommen.

Die unter Denkmalschutz stehende Villa ist heimatgeschichtlich und architektonisch von
besonderer Bedeutung und vortrefflich restauriert und steht derzeit neben dem Kutscherhaus
zum Kauf an. Es ist sicherlich nicht nur im Sinne des Bürgervereins, daß diese Bauwerke in
ihrer Substanz erhalten und für die Öffentlichkeit sichtbar bleiben.
Aus Sicht der Denkmalschutzbehörde sind folgende Gestaltungsmerkmale des Gebäudes
erwähnenswert: Mansardendach mit geschweiften Knickgiebeln, Fledermausgauben,
Rundbogenfenster und geschwungene Zwerchgiebel.
Mehrmals musste um den Erhalt der historischen Besitzungen gekämpft werden: Einmal ging
es um den Erhalt der herrlichen Lindenallee, zum anderen um den Stopp eines bereits
eingesetzten Kahlschlages des Buchenbestandes und jüngst die Diskussion um einen Anbau
an das Kutscherhaus.

Der verstorbene Heimatforscher Lothar Eulner hat sich große Verdienste um die Bayer-Villa
und den weitläufig dazugehörenden Besitz erworben. Viele seiner Aufzeichnungen sind in der
Tagespresse erschienen. Erna Bayer geb. Schniewind, die Ehefrau von Dr. Richard
Bayer (verst. 09.06.1972), hat ein biblisches Alter von 102 Jahren erreicht. Sie starb 1995.

Herbert Bander, Version 08/2007