Gasthaus Kemperdick

Der Hof Kemperdick ist erstmals in der Unterbacher Jagdkarte von 1641 erwähnt („am
Kemper Diek“). Höchstwahrscheinlich war er ein „Ableger“ des Hofes Kempen („opp dem
kenpe“), der schon in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts im Verzeichnis von Gut Schlickum
erwähnt wird. Der erste Wortteil deutet demnach auf Kempen, der zweite auf einen Teich hin.
In der Ur-Katasterkarte von 1830 bildet der Name Kemperdick eine eigene Flur.

Seit dem 17. Jh. sind die ersten Bewohner der Familie Kemperdick auf Gut Kemperdick zu
finden. 1811 zog Johann Daniel Kemperdick ein. Seine Tochter Anna Gertrud, die einen
Johann Schramm heiratete, folgte ihm für nur kurze Zeit (bis 1874/47), bevor sie mit ihrer
Familie nach Brasilien auswanderte. Dann wurde die Dynastie Kemperdick auf Gut Clef
fortgesetzt.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war ein Carl Stock Besitzer von Kemperdick. An diesen
Namen erinnert „Stocks Busch“, der gegenüber von Gut Böllenschmied liegt. 1898 wurde im
Gasthof Kemperdick zum ersten Male das „Hochdahler Heimathlied“ beim 30-jährigen
Stiftungsfest des Bruchhauser Landwehrvereins vorgestellt. Dieses Lied, das nach der
Melodie des Bergischen Heimatliedes gesungen wird, hat Walter Schimmelbusch verfasst.

Anfang des 20. Jahrhunderts erlebte das Gasthaus Kemperdick eine Blütezeit. So wurde nicht
nur mit Saal, Kegelbahn, Schießstand, Spielplatz mit Karussell usw. geworben. Eine
besondere Attraktion war ein Denkmal in Form einer Grabplatte, das an den „Jäger aus
Kurpfalz“ erinnerte. Nach dem 2. Weltkrieg war das Anwesen in Besitz der Familie Grönig,
wovon die Geschwister Leni und Bubi noch in bester Erinnerung sind.

Der Name Kemperdick ist nicht nur mit dem Gasthaus, sondern untrennbar mit dem
dazugehörenden Rasenplatz verbunden, jahrzehntelang die einzige Sportstätte in Hochdahl.
1925 kamen im Dachzimmer des Hauses Kemperdick 24 mehrere sportbegeisterte Idealisten
zusammen, um einen neuen Sportverein zu gründen. Unter ihnen waren Alfred Bertram und
Hennes Maaßen, der zum Ersten Vorsitzenden gewählt wurde. Der Verein trug den Namen
Sport-Club „Rhenania“ Kemperdick. Rhenanisch steht veraltet für rheinisch. Der Chronik
zufolge fuhr man schon am nächsten Tag mit einem Lastwagen nach Hilden, um Trikots
einzukaufen. Während der Name Kemperdick durch das gleichnamige Landgasthaus
fortbesteht, wurde der Vereinsname im Jahre 1965 in „SC Rhenania Hochdahl“ geändert (im
Hinblick auf die Neue Stadt Hochdahl).

Während der Ruf „Auf ihr Mannen vom Kemperdick“ die Rhenanen anfeuerte, wurde nach
dem Spiel „Schwarz und blau wie lieb ich dich“ und „Kemperdicker Land, an dem schönen
Eselsstrand, du bist mein Heimatland“ mit Hingabe gesungen. Das war eine Anspielung auf
den Eselsbach, der am Kemperdick durch den Zusammenlauf von Hühnerbach und Mahnerter
Bach gebildet wird. Der Sand aus den Kemperdicker Gruben (nördlich des Erikaweges)
wurde lange Zeit mit einer kleinen Sandbahn zur Ladebühne an die Eisenbahn in Millrath
gebracht.

Für die Fußballvereine aus den Nachbarstädten war Kemperdick ein heißes Pflaster.
Regelmäßig musste vor dem Anpfiff der Rasen von Kuhfladen gesäubert werden.
Und bis zum Bau von Umkleidekabinen – mit einer Dusche für alle Mann“ – wurden wie
selbstverständlich in den vorbeifließenden Bachläufen die Klamotten gewaschen. In der
Nachkriegszeit war der schwere Lederball mit geschnürtem Riemen nur was für hartgesottene
Burschen.

Aus der Meisterschaftsmannschaft, die 1952 den Aufstieg in die Bezirksklasse schaffte, leben
heute noch Ewald Daniels, Hilmar Decker, Willi Heil, Gerd Schwuchow und Hermann
Weiler. Herausragender Spieler war Hubert Franken. Der begnadete Fußballer gehörte nach
dem Kriege sogar zum Sichtungskader unter Leitung von Sepp Herberger. Als holländischer
Staatsbürger war er international für Deutschland aber nicht spielberechtigt. Legendär bleibt
Rudolf Kollenbroich, Sponsor und Mäzen, der in Sichtweite des Vereinslokals (damals
Hildener Gebiet) seine Bäckerei hatte und bei Einstellung seiner Gesellen auch auf gute
fußballerische Qualitäten achtete.

Um die Jugend kümmerten sich aufopferungsvoll Walter Höschler, Willi Horn, Walter
Michalowski und Walter Neumann. Der langjährige Erste Vorsitzende Adolf Homberg, der
die Interessen des Vereins und des Sports im Gemeinderat und später im Stadtrat vertrat, ist
vor wenigen Jahren verstorben.

Anfang der 1930er Jahre erregte die so genannte Münze-Elf großes Aufsehen. In dieser Zeit
reichte der Kinderreichtum einer Familie aus, um eine komplette Fußballmannschaft
auf die Beine zu stellen. Für den offiziellen Spielbetrieb wurde diese „Jux-Mannschaft“ indes
nicht zugelassen, weil der Altersunterschied (vom Jahrgang 1898 bis 1920) einfach zu groß
war. Die Großfamilie wohnte in Bruchhausen-Süd 13 (heute Strückerweg 35). Bei
Gastspielen im In- und Ausland mit amtlicher Beglaubigung des Bürgermeisters, das es sich
tatsächlich um elf Brüder handelte, fuhren auch die beiden Schwestern mit. Nach der aktiven
Zeit gaben einige ihre Erfahrungen weiter, allen voran Willi Münze („de Op“). Er konnte
unterhaltsam Dönekes erzählen und vererbte das sportliche Talent an seine Söhne

Kemperdick ist die Heimat der „Strücker Jonges“, die für ihre urwüchsige Lebensart bekannt
waren und früher bei Karnevalsumzügen in Erscheinung traten. So alteingessene Familien wie
Bertram, Hamacher, Höschler, Klocke, Müller und Wortmann können davon Zeugnis
ablegen. Die Erinnerungen an sie, die mitreißenden Fußballschlachten, Originale,
Sportskanonen und anfeuernde Zuschauer (Hulda Heil, Old Joe) bleiben unvergessen.

Der erhalten gebliebene Rasenplatz am Kemperdick ist immer noch in Privatbesitz und seit
vielen Jahren an die Stadt verpachtet. Dem SC Rhenania Hochdahl ist es erlaubt, für den
Nachwuchs Training anzubieten und Wettkämpfe durchzuführen. Auch Baseball und
Angelsport Casting wird auf der Wiese ausgeübt. In absehbarer Zeit ist eine Änderung der
derzeitigen Nutzung nicht zu erwarten.

Herbert Bander, Version 02/2010